Der spießige, an viele Regeln gewohnte, Deutsche, wird sich, wenn es um japanische Baumaßnahmen geht beim ersten Besuch in Japan etwas wundern. In anderen asiatischen Länder ist es definitiv noch viel extremer, aber heute schreibe ich über die Besonderheiten im Land der aufgehenden Sonne und versuche ein bisschen Klarheit zu schaffen, warum es so ist wie es ist.
Japan ist kein kleines Land, aber die einfach bebaubarer Flächen sind sehr gering, das Land besteht nämlich zu ca. 70% aus Bergen. Dazu kommt noch, dass in Japan ca. 126 Mio Einwohner leben (2017) – deutlich mehr als in Deutschland. Wo im Land flache Gebiete sind, die sich einfach bebauen lassen, kann man ziemlich leicht vom Himmel aus erkennen. An zwei Stellen im Land sind riesige graue Flächen – das sind die zwei größten Ballunsräume – zum Einen der Großraum Tokyo mit mehr als 36,9 Mio Einwohner (2015) und zum Anderen der Großraum Osaka-Kobe-Kyoto mit ca. 17 Mio Einwohnern. Der Platz ist also begrenzt und es muss eng und hoch gebaut werden, was dabei entstehen kann – darüber möchte ich heute ein wenig erzählen.
Jeder Millimeter wird genutzt: Tokyo (Blick vom Rathaus in “Shinjuku”)
In Deutschland gibt es ja ein paar wunderbare Regeln wie hoch Gebäude sein dürfen, um das Stadtbild nicht zu zerstören und wie weit auseinander sich Gebäude befinden müssen und noch tausende andere Regel. Jeder, der mal ein Haus gebaut hat kann davon wohl ein Lied singen. Diese Regel sind je nach Region in Deutschland unterschiedlich und machen mal mehr, mal weniger Sinn. Aber im großen und ganzen sind die Innenstädt doch relativ ansehnlich. Diese ganzen Regeln scheint es in Japan nicht zu geben. Ein gutes Beispiel ist vielleicht meine Wohnung in Tokyo, wenn ich das Fester im Badezimmer öffne kann ich ohne Probleme die Hauswand des Nachbargebäudes berühren, wenn ich auf meinem Balkon stehe sehe ich ca. 7 Meter vor mir aus der anderen Straßenseit die Wand eines Gebäudes, welches sicherlich 40 m oder mehr misst und das ist eher die Regel, als die Ausnahme in Japans Städten. Auf dem Land ist es nicht so viel Besser, weil Bauland so kostbar ist gibt es sowas wie schöne Gärten so gut wie nie, rund um die Häuser ist meist ein kliener Trampelpfad und dann kommt auch schon das nächste Haus. Das ist alles dem mangel an Baufläche zu schulden und wir können uns glücklich schätzen, dass wir mehr als ausreichend davon in Deutschland haben.
Da Land kostbar ist wird auch vor den Küsten künstlich Land gewonnen, wie hier beim Bauprojekt für einen kompletten Stadtteil inklusive künstlicher Insel: “Yokohama Minato Mirai 21”. Das könnte man ein bisschen mit der Neuplanung des “Potsdamer Platzes” in Berlin vergleichen, nur in einem 10x größerem Maßstab.
Yokohama “Minato Mirai 21”: Riesiges Bauprojekt in Yokohama.
Was eine recht schnell auffällt sind die Kabel, die zwischen den Häuser und über den Straßen schlängeln. Das sieht nicht sonderlich schön aus, hat aber natürlich auch einen praktischen Nutzen. Bei dem Erbeben geplgten Land wären Reparaturen unter der Erde liegenden Kabel äußerst kostspielig und schwierig. Selbst bei normalen Reparaturen wäre es bei den engen Straßen einfach nicht effizient Kabel unterirdisch zu verlegen. Da geht bei den Japaner das Praktikable, vor dem Estetsichem.
Kabel-Wirrwar über den Dächern.
In Deutschland werden Immobilien in Regelmäßigen Abständen saniert und geplegt um den Wert zu erhalten, bzw. zu steigern. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber im großen und ganzen sind die Gebäude in Deutschland in einem ansehnlichem Zustand. In Japan werden Gebäude eher genutzt bis es nicht mehr geht und dann einfach neu gebaut – daher sehen ältere Gebäude dementsprechend aus. Die sehr hohe Luftfeutigkeit in Japan trägt einiges zu einem beschleunigtem Verfall bei und es ist oft einfach nicht kosteneffizient die Gebäude regelmäßig zu sanieren.
Es gibt auch architektonische Besonderheiten wie den Apartmentkomplex, den ich als Titelbild für diesen Beitrag ausgewählt habe (unten nochmal), der sich irgendwie an Fachwerkhäusern orientiert. Zum Schluss noch ein paar Bilder.
Ein Wohnkomplex im Fachwerk-Stil.
Gebäude direkt an einem Fluss in Akihabara.
Hochhäuser stehen dicht an dicht in Akihabara.
Großraum Osaka-Kobe-Kyoto … ein Ausblick der nachts nicht zu verachten ist.